Häufig auftretende Herausforderungen des Transition Managements im Sourcing-Lifecycle
Donnerstag, 16.03.2023
Durch die immer stärker werdende Komplexität der IT-Landschaften ergibt sich bei Unternehmen immer häufiger der Wunsch, einen externen Partner mit den Aufgaben zu beschäftigen, um sich im Unternehmen auf die Kernkompetenzen fokussieren zu können. Nach einer erfolgreichen Partnersuche durch das Sourcing Management folgt anschließend der Übergang der Aufgaben zum externen Dienstleister. Dieser Vorgang wird als Transition bezeichnet. Im Folgenden wollen wir einige Herausforderungen dieser Phase an zwei Beispielen betrachten:
- Die erstmalige Übertragung von Leistungspaketen an den externen Dienstleister
- Die Übertragung eines Leistungspaketes von einem Dienstleister zu einem neuen Dienstleister.
Die Transitionsphase kann das zu diesem Zeitpunkt noch recht junge Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer direkt auf eine harte Probe stellen. Aus Erfahrung können wir sagen, dass gerade in dieser Phase des Sourcing-Lifecycles die größten Herausforderungen und Probleme in der Zusammenarbeit auftreten. Gründe dafür sind oftmals schlechte Projektplanung unter Anwendung falscher Methodiken, intransparente Kommunikation zwischen beiden Parteien, nicht geschaffene Grundvoraussetzungen (z.B. in Bezug auf die Aufbau- und/oder Ablauforganisation), oder auch fehlende Ressourcen und Verfügbarkeiten.
Welche Herausforderungen treten nun in dem Fallbeispiel eins auf und wie können diese vermieden werden?
Wir nehmen in diesem Fallbeispiel an, dass wenig bis keine Erfahrung mit Auslagerungen und damit notwendigen Transitionen in dem Unternehmen bzw. auf der Auftraggeberseite vorhanden ist. Die fehlende Erfahrung ist meist jedoch nicht die Grundursache für auftretende Herausforderungen. Gründe dafür sind eher eine unvorbereitete Aufbau- und/oder Ablauforganisation.
Die erstmalige Auslagerung eines Leistungspaketes bedeutet immer Veränderung innerhalb des Unternehmens. Diese Veränderungen betreffen unter anderem bisher gelebte Prozesse, Meeting-Strukturen, vorhandene Rollen und Funktionen sowie das „Mindset“ der betroffenen Mitarbeiter. Über den Vertrag wird meist strikt vorgegeben, welche Prozesse, Rollen und Funktionen auf Dienstleisterseite zu bearbeiten und zu besetzen sind, sowie über welche Gremien der aktuelle Status der Leistungserbringung zukünftig transparent berichtet werden soll.
Damit gehen notwendige Veränderungen auf der Auftraggeberseite einher, von denen maßgeblich die Mitarbeiter betroffen sind, welche die nun ausgelagerten Leistungen vorher noch selbst erbracht haben. Es müssen somit neue Rollen und Funktionen mit einem anderen Mindset geschaffen werden, da die Leistung zukünftig kontrolliert und gesteuert werden soll.
Jeder einzelne Mitarbeiter muss somit zukünftig umdenken und in eine neue Rolle hineinwachsen – weg von der eigenen Erbringung der Leistung hin zu der Steuerung des zukünftigen Dienstleisters. Um eine adäquate Dienstleistersteuerung gewährleisten zu können, müssen somit auch auf der Auftraggeberseite neue oder angepasste Prozesse sowie Rollen und Funktionen beschrieben und geschaffen werden.
Diese notwendige Transformation innerhalb der eigenen Organisation wird oftmals sehr unterschätzt und führt in der Praxis dazu, dass die Funktion der Dienstleistersteuerung nur beschränkt, ausgeführt werden kann. Daraus resultiert wiederum häufig eine Abwehrhaltung bei den Mitarbeitern, ein von vornherein gestörtes partnerschaftliches Verhältnis sowie (im schlimmsten Fall) ein nicht oder nur zum Teil in Erfüllung gegangenes strategisches Ziel.
Daher ist es unabdingbar, die Mitarbeiter und die Organisation auf die Veränderungen vorzubereiten. Die aktuelle Aufbau- und Ablauforganisation muss insbesondere hinsichtlich der aktuell bestehenden Rollen, Funktionen und Gremien sowie der Delegations-/Eskalations- und Informationsflüsse analysiert werden, um die ersten notwendigen Maßnahmen vor der eigentlichen Transition einzuleiten. Nur wenn auch die eigene Organisation an das zukünftige Vertrags-/ bzw. Leistungsmodell angepasst wird, ist eine effektive Begleitung der Transition mit dem richtigen Fokus gewährleistet.
Zu einer Transition gehören allerdings immer zwei Parteien. Somit möchten wir über die nächste Fragestellung weitere Herausforderungen aufzeigen, die durch den Dienstleister verursacht werden. Auch wenn sich die Fragestellung auf das zweite Fallbeispiel bezieht, können diese Fehler genauso und zusätzlich im oben beschriebenen Kontext auftreten.
Welche Herausforderungen können auftreten, wenn, wie im Beispiel zwei beschrieben, ein neuer Dienstleister an die Stelle des alten Dienstleisters tritt?
In diesem Fallbeispiel wird angenommen, dass die Auftraggeberseite bereits Erfahrungen in der Begleitung von Transitionen gesammelt hat und die Organisation bereits an dem aktuellen Vertragskonstrukt ausgerichtet ist. Somit wird bei dieser Fragestellung eher die Dienstleisterseite beleuchtet.
Der Auftragnehmer muss nach der Auswahl über das Ausschreibungsverfahren nun innerhalb der Transition erhebliche Mengen an Informationen in seine Organisation integrieren und verarbeiten. Dazu gehört die Anwendung der richtigen Projektmanagement-Methodik, eine entsprechende Projektplanung inklusive Aufstellung einer funktionierenden Projektorganisation, transparente und offene Kommunikation mit der Auftraggeberseite (Kunde) – gerade bei Problemen und Herausforderungen – sowie die Bereitstellung qualifizierter Ressourcen.
Eine Transition muss vor Beginn geplant, die seitens Auftragnehmer (Dienstleister/ Managed Service Partner) zu erreichenden Meilensteinen notwendige Zulieferleistungen des Auftraggebers abgestimmt und beschrieben werden. Hierfür muss gemeinsam die richtige Projektmanagement- und Tracking-Methodik ausgewählt werden. In den meisten Fällen findet diese Abstimmung erst zum Transitionsstart statt und nimmt ca. 2-4 Wochen in Anspruch. Da eine Transition aus Kostengründen meist zeitlich knapp bemessen ist, fehlen diese 2-4 Woche dementsprechend oftmals zum Transitionsende und sorgen bereits bei Projektbeginn für Verzögerungen. Wir empfehlen daher, diese eher „formelle Abstimmung“ immer vor dem offiziellen Transitionsstart in der sogenannte „Pre-Transitionphase“ durchzuführen. Die Zeitspanne, die sich an der Komplexität der zu übertragenden Leistungspakete orientiert, liegt zwischen vier bis zu acht Wochen. Darüber hinaus kann diese Zeit dazu genutzt werden, um das Onboarding für Schlüsselpositionen im Projekt zu starten. So können eventuelle Verzögerungen innerhalb dieses Prozesses mitigiert und die Arbeitsfähigkeit des Transitionteams zum Start der Transition sichergestellt werden.
Eine möglichst detaillierte Abstimmung der Transitionsmeilensteine sorgt dafür, dass ein einheitliches Verständnis zu seitens des Auftraggebers erwarteten Lieferleistungen geschaffen wird. Findet diese Abstimmung nicht initial vor Transitionsbeginn statt, gibt es keine detailliert und vor allem keine dokumentiert abgestimmte Zieldefinition für den zukünftigen Dienstleister. Dies kann im späteren Transitionsverlauf, gerade wenn eine Verschiebung des Transitionsabschlusses absehbar ist, zu schwierigen und unnötigen Diskussionen führen oder die reguläre Abnahme der Transition verhindern.
Genauso wichtig wie die Abstimmung der Planung und der Meilensteine ist die Auswahl der richtigen Projektmanagement-Methodik. In den meisten Fällen kann eine Transition über das Cynefin-Modell als „kompliziert“ eingestuft werden. Somit ist hier die Anwendung von „klassischen“ Projektmanagement-Methoden wie z.B. das Wasserfallmodell oder PRINCE2 zu empfehlen. Die Situation sollte allerdings individuell analysiert und bewertet werden. Die Anwendung der falschen Methodik führt zu einer ungenauen Planung, nicht ausreichender Dokumentation und verursacht dadurch Verzögerungen und/oder Missverständnisse, die wiederum zu kommerziellen Auswirkungen auf Seiten beider Parteien führen.
Die richtige Auswahl der Projektmanagement-Methodik, eine detaillierte Dokumentation der abgeschlossenen Abstimmungen (z.B. über Protokolle) inklusive des Projektplans sowie der detaillierten Definition von einzelnen Projektmeilensteinen ist absolut notwendig, um im weiteren Transitionsverlauf Verzögerungen oder Eskalationen zu vermeiden. Die Dokumentation der Punkte wird in der Regel von der Dienstleisterseite übernommen und sollte schriftlich oder per Mail seitens Auftraggeber freigegeben werden.
Mindestens genauso wichtig wie die Dokumentation der zuvor genannten Punkte ist die richtige Kommunikation, Aufbereitung sowie Darstellung des Transitionsfortschritts. Der Dienstleister sollte den Transitionsfortschritt regelmäßig berichten und bei auftretenden Herausforderungen transparent und offen kommunizieren.
Oftmals werden Probleme „verschleppt“ und Zieltermine nach hinten verschoben, ohne die Auswirkungen genauer zu betrachten. Für solche Veränderungen sollte innerhalb des Projektes ein „Change Prozess“ definiert werden, bei dem der Auftraggeber z.B. für die Verschiebung eines Zieltermins zustimmen muss. Des Weiteren sollte der Dienstleister dazu verpflichtet werden, „Projekt-Changes“ zu dokumentierten und die auftretenden Risiken fortlaufend zu bewerten. Diese Dokumentation kann bei späterer Eskalation als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden und ist daher entsprechend wichtig.
Die Transition legt den Grundstein für die weitere Zusammenarbeit im Regelbetrieb. Eine nicht erfolgreiche und verzögert abgeschlossene Transition bringt somit ein meist bereits gestörtes partnerschaftliches Verhältnis und die nicht erwartete vollumfängliche Bereitstellung der Lieferleistungen im anschließenden Regelbetrieb mit sich. Mit korrekter vorausschauender Planung unter konsequenter Anwendung der richtigen Projektmanagement-Methodik und einer offenen, transparenten und leistungsorientierten Kommunikation können viele der beleuchteten Herausforderungen vermieden oder vermindert werden.
Sascha Brandt
Autor
Senior Consultant